Klimawandel im Fokus

Nachdem die letzte arktische Kreis (Arctic Circle) Kongress 2020 Corona bedingt ausfiel war es heuer die erste Großveranstaltung in Island seit dem Ausbruch der Pandemie. 1400 Teilnehmer  aus 50 Ländern wiesen pflichtgemäß alle zwei Tage einen Antigen Test vor der zur Teilnahme an einem bunten Programm berechtigte welches überwiegend in der Harpa dem Kongresszentrum von Reykjavik ausgetragen wurde. 400 Beiträge füllten das Programm während drei Tagen im Oktober 21.

Ein Vertreter unsere Redaktion beobachtete für sie den ersten Tag des Kongresses den traditionellen Höhepunkt der Veranstaltung.

Im Zentrum der Eröffnungsansprachen der Hauptredner stand der Klimaschutz, das Thema welches die Weltöffentlichkeit neben der Pandemie derzeit wohl am meisten beschäftigt.

Während der Gründer des arktischen Kreises, der frühere Präsident Islands Olafur Grimsson noch die monumentale Aufgabe, nämlich die Realisierung des Kongresses in einem Umfeld der Unsicherheit,  mit den Worten „Wir haben es geschafft“ (We made it) Luft verschaffte und dafür zu Recht tosenden Beifall kassierte, war der Auftritt der Premierministerin Katrin Jakobsdóttir glanzlos. Nach den vollmundigen Ankündigungen der grünen Ministerin vor zwei Jahren, bildet Island heute das europäische Schlusslicht in der CO² Reduzierung. Ihre Partei verlor gut 5% der Stimmen bei den kurz zuvor ausgetragenen Parlamentswahlen und ist nunmehr lediglich dritte Kraft im Parlament. Anstelle von Apellen zum Klima mahnte sie mehr weibliche Präsenz an, in einem Saal gespickt mit weiblichen Führungskräften.

Der Vertreter der europäischen Union bekräftigte die Gedanken der EU unter dem Grundsatz „Wissen, Verantwortung, Engagement“ von 2012 und stellte eine Arktis-Strategie zur umfassenden Erforschung und umsichtigen, nachhaltigen Entwicklung vor. Laut einem am Vortag der hiesigen Versammlung veröffentlichten Papiers für die neue Arktis-Strategie wird die Europäische Union ein Verbot der Erschließung neuer Öl-, Kohle- und Gasvorkommen in der Arktis anstreben, um eine vom Klimawandel stark betroffene Region zu schützen. … „Die Arktis ist eine der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen“.

Das in der letztjährigen Ausgabe des Nordlandführers beschriebene Projekt MOSAIK des Alfred Wegener Instituts in der Arktis fand ebenfalls Platz während des Kongresses.

Im anschließenden Panel gespickt mit Vertretern eines neu geformten Arktis Komitees des weißen Hauses sowie der Senatorin Alaskas Lisa Murkowski stellte Herr Grimsson den Vertretern einige Fragen, darunter auch, ob man mit einer Gesinnungsänderung hinsichtlich der Arktis unter der Biden Administration rechnen könne. Ungefragt nahm die Senatorin das Kaufgebot für Grönland zurück. Grimsson antwortete, dass er dies bereits wüsste. Immerhin gab es zu keiner Zeit ein Verkaufsangebot Grönlands zumindest ist dies der Redaktion nicht bekannt. Die meisten Anwesenden fanden dies überaus amüsant, nicht so die Ministerin für Landwirtschaft aus Grönland Kalistat Lund. Es sei angebracht nicht über Grönland sondern mit den Grönländern zu reden, ein Seitenhieb auf die amerikanischen und EU Beiträge zum Thema. Die Ministerin welche den Premierminister Grönlands vertrat erklärte, dass es keine weiteren Lizenzen für Bohrungen nach Erdöl und Gas im Land geben werde. Des Weiteren stellte sie die Frage wieviel Wachstum nötig sei um Wohlstand zu generieren. Grenzen des Wachstums müssten früher gezogen werden um die Umwelt zu schonen. Nach Auffassung der Redaktion war es der substantiellste Inhalt des gesamten Hauptprogramms, da hier über reine Absichtserklärungen hinaus nachhaltige Gesetzesbeschlüsse zum Wohle der Umwelt vorgestellt wurden. Umso beeindruckender, da Bewohner der Arktis wohl die Einzigen sind welche von einer Erwärmung des Klimas profitieren würden. Die Ministerin stellte auch die Zusammenarbeit mit China, Südkorea und Japan heraus. Eigens angereist war eine Regierungs – und Experten Delegation aus Südkorea, welche mit einem aus 300 Wissenschaftlern und einem neuen Forschungsschiff zur Erforschung der Arktis auf sich aufmerksam machte. Die in den vergangenen Jahren starke Präsenz Chinas und der Russlands war diesmal nicht spürbar. So gesehen bildete Frau Lund auch einen Brückenschlag aus der westlichen Dominanz des Kongresses indem sie ihre „Vettern“* aus Ostasien mit ins Boot nahm.

Nicola Sturgeon die erste Ministerin Schottlands genoss ihren Auftritt, umso mehr als sie feststellte, dass ein Vertreter des britischen Unterhauses im Publikum saß. Der nördlichste Teil Schottlands sei der Arktis näher als dieser London, stichelte sie zufrieden. Herr Grimsson ließ es sich nicht nehmen zu kommentieren, dass es den Begriff „Erster Minister“ in Island nicht gäbe, stattdessen träfe hier der Titel des Premierministers eher zu, aber dies würde wohl zu diplomatischen Irritationen führen, fügte er schmunzelnd hinzu. Klar, dass der Unterhausabgeordnete alles andere als „amused“ über solche Bemerkungen war.

Die Ministerin welche ein treuer und gern gesehener Gast des arktischen Kreises ist stellte den anschließenden stattfindenden Klimagipfel COP26 in Glasgow vor. Beinahe prophetisch verkündete sie, dass es die möglicherweise letzte Chance sei das Klima zu retten.

Letzter Sprecher des Eröffnungsprogramms war der Außenminister Dänemarks Jeppe Kofod welcher die Frage eines Professors aus Island nach einem Plan B zurückwies. Gemeint war, ein Szenario welches die unaufhaltsame Klimaverschlechterung im Zentrum hat und sich mit möglichen Alternativen auseinandersetzt. Es gäbe keinen Plan B, genauso wie keinen Planeten B, war die engagierte Antwort des Ministers. Alles müsse getan werden um das Klima nicht kippen zu lassen.

Kurzum fast drei Stunden intensiver Beiträge ließen die Zeit im Nu vergehen und die Teilnahme vieler junger Menschen an dem Kongress lässt hoffen, dass das Thema Klima genauso ernst genommen wird wie die Pandemie. Zu guter Letzt verkündete der Veranstalter eine von Covid verschonte Veranstaltung. Vielleicht warf auch die Natur ein gnädiges Auge auf diese wichtige Veranstaltung, angesichts weltweit wieder steigender Infektionen.

  • Grönländer, wie auch alle sonstigen Inuit stammen ursprünglich aus Asien.