Das Protokoll einer Geißelung

Lepra war eine der grausamsten Heimsuchungen welche Menschen ohne wirksame Gegenwehr am ganzen Körper furchtbar entstellte. Bakterien verursachten seit vorbiblischer Zeit schreckliche Tragödien. Unentdeckt und unerkannt verrichteten sie ihr grausames Handwerk bis ein Bergener Arzt ihnen endlich auf die Schliche kam.
Krankheiten oder Unglücksfälle gehören nicht unbedingt zu den beliebten Unterhaltungsthemen, schon gar nicht im Urlaub. Wer jedoch über die Hintergründe der Überwindung von Lepra mehr verstehen will, der wird bei einem Besuch des Lepramuseums in Bergen so einiges in Erfahrung bringen können. Es ist im St. Jörgensen Krankenhaus untergebracht, ein ehemaliges Heim für an dieser lange Zeit als unheilbar geltenden Krankheit leidenden Menschen. Gerhard H. A. Hansen entdeckte in Bergen 1873 beim Blick in sein Mikroskop, dass Lepra wahrscheinlich durch bestimmte stäbchenförmige Bakterien ausgelöst wurde. Das war der Beginn des Durchbruchs im Kampf gegen diese grausame Erkrankung. Schon aus biblischer Zeit bekannt, gehört Lepra zu den ältesten Plagen der Menschheit. Die Krankheit hatte nach ihrem Ausbruch drastische Folgen für die Betroffenen. Lepra, das zu nächst die Haut angreift, führt im weiteren Verlauf zu entsetzlichen Verstümmelungen der Gliedmaßen und hatte früher zur Folge, dass die Erkrankten aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. Daher stammt auch die Bezeichnung „Aussatz“ für Lepra. Nicht selten wurden Betroffene am Eingang zur Quarantäne, wenn es denn eine solche gab, mit einer Totenzeremonie für immer verabschiedet. Fortan galt der Kranke als tot, obwohl er noch am Leben war und von den An gehörigen wurden keine weiteren Kontakte erwartet oder gar erwünscht. Mit dem Einzug der christlichen Barmherzigkeit änderte sich das Verhalten den Kranken gegenüber und besonders Geistliche und Nonnen wandten sich ihnen in selbstloser Fürsorge zu. Das St. Jörgens Krankenhaus Im St. Jörgens Krankenhaus, das mit dem Ableben des letzten Patienten 1946 geschlossen wurde, ist die fünf hundertjährige Geschichte einer Einrichtung für Aussätzige dokumentiert. Generationen von Leprakranken waren hier einst untergebracht, denn mit dem Ausbruch der Krankheit waren sie gezwungen, ihre gewohnte familiäre Umgebung zu verlassen um zeitlebens in dieser Einrichtung zu bleiben. Trotz aller Tragik ihrer Erkrankung lebten sie doch in einer für damalige Verhältnisse vergleichsweise menschenwürdigen Umgebung, wenn auch jede Aussicht auf Heilung quasi ausgeschlossen war. Geistliche, Ärzte, Nonnen und weltliche Krankenschwestern kümmerten sich um die Ausgestoßenen und waren dabei selbst in ständiger Gefahr, angesteckt zu werden. Sein heutiges Aussehen erhielt das Institut 1745, nach dem es in den voran gegangenen Jahrhunderten wiederholt abgebrannt war, dann allzu hastig wieder aufgebaut und aufs Neue abgerissen, wurde es damals schließlich ganz neu konstruiert. Die Patienten beschäftigten sich, soweit möglich, in Haus und Hof und waren für ihre Versorgung, wie z.B. das Zubereiten von Speisen, selbst verantwortlich. Im Westflügel war eine Abteilung für Patienten mit weniger ansteckenden Krankheiten untergebracht und teilweise hat man St. Jörgens auch als Seniorenheim genutzt. Imposant ist auch die aus mächtigen Holzplanken gezimmerte Kirche, die in das Ensemble integriert ist. Das Museum befindet sich im Stadtzentrum von Bergen und ist daher gut erreichbar. Die Inneneinrichtung ist mit Hinweisen ausgestattet, derzeit allerdings nur auf Norwegisch. Es empfiehlt sich daher, nach einer Führung zu fragen oder eine Broschüre (nur in Englisch) im Museum zu kaufen.